15.12.2023

„Der Grüne Punkt ist mehr als ein Symbol“

Michael Wiener treibt als Präsident von PRO Europe die Kreislaufwirtschaft Europas voran. Im Interview spricht er über die Marke „Der Grüne Punkt“, die Rolle von PRO Europe für die Kreislaufwirtschaft in Europa und die Anforderungen an die EU für eine nachhaltige Zukunft.

Michael Wiener

Der Grüne Punkt ist ein präsentes Symbol, doch nicht jeder weiß was dahintersteckt: Was genau ist PRO Europe & wofür steht die Organisation hinter dem Grünen Punkt?

MICHAEL WIENER: Die Marke „Der Grüne Punkt“ ist weltweit geschützt und gilt überwiegend in Europa als Finanzierungszeichen für die Teilnahme an privatwirtschaftlich organisierten Sammel- und Verwertungssystemen für Verpackungen im Rahmen der Erweiterten Produzentenverantwortung (EPR). Ursprünglich 1990 in Deutschland eingeführt, war „Der Grüne Punkt“ Vorreiter bei der Einführung des Prinzips der EPR. Schnell wurde dieses Konzept von anderen Ländern übernommen, u. a. 1993 von Österreich durch die ARA. 1995 schuf eine Europäische Richtlinie einen gemeinsamen Rahmen für diese Systeme. Der Grüne Punkt wurde zur Sicherung des freien Warenverkehrs im EU-Binnenmarkt entwickelt, um Hersteller:innen unterschiedliche Finanzierungszeichen auf Verpackungen zu ersparen. Das war auch der Ursprung von PRO Europe – die Organisation bildet seitdem die Dachgesellschaft der nationalen Systeme und trägt die Markenrechte an „Der Grüne Punkt“. In den ersten 20 Jahren spielte PRO Europe eine wichtige Rolle bei der Gründung und Entwicklung von EPR-Systemen in Europa. Die mitteile 31 Mitgliedsunternehmen zählende Organisation konzentriert sich in Zukunft vor allem auf die Förderung des Prinzips „Design for Nachhaltigkeit/Recycling“, um die zirkuläre Wirtschaft weiterzuentwickeln und die Effizienz der Infrastrukturinvestitionen in Sortierung, Aufbereitung und Verwertung zu steigern.

Warum braucht es PRO Europe für die Kreislaufwirtschaft in der EU?

MICHAEL WIENER: Als Non-Profit-Organisation setzt sich PRO Europe in der EU für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft ein, um Ressourcen zu schonen, Abfall zu minimieren und Recycling zu unterstützen. Ziel ist die Stärkung der privatwirtschaftlichen Umsetzung der Produzent:innenverordnung. PRO Europe betont dabei die Effektivität der EPR im Vergleich zu Verboten oder Steuern für Verpackungen. Weiters werden Forschung und Innovation für die Kreislaufwirtschaft unterstützt und die Sensibilisierung und Bildung der Verbraucher: innen gestärkt, um ein umweltbewusstes Verhalten zu fördern. Außerdem fordert PRO Europe den Ausbau und die Modernisierung der Recyclinginfrastruktur in der EU, wo es im Speziellen bei Kunststoffen noch Handlungsbedarf gibt. Ein schönes Beispiel ist die Kooperation von „Der Grüne Punkt“ mit der ARA beim Bau einer hochmodernen leistungsstarken Sortieranlage in Österreich. Die Zusammenarbeit zwischen ARA und dem Grünen Punkt zeigt, wie länderübergreifende Partnerschaften zur Förderung der Kreislaufwirtschaft beitragen können, Ressourcen zu schonen, Abfall zu minimieren und einen nachhaltigen Umgang mit Verpackungsabfällen zu fördern. Der Grüne Punkt auf Verpackungen ist dabei mehr als nur ein Symbol. Er ermöglicht durch seine Finanzierungsfunktion eine ressourcenschonendere und wirtschaftlich nachhaltigere Zukunft in Europa. Er ermöglicht es den Herstel-ler:innen, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und die Kosten für die umweltverträgliche Behandlung ihrer Verpackungen zu übernehmen. Finanzielle Anreize für gut verwertbare Verpackungen schaffen zukünftig Anreize für umweltfreundlichere Verpackungen.

Welche Anforderungen stellen Sie an die EU, damit eine zukunftsfähige Kreislaufwirtschaft realisiert werden kann?

MICHAEL WIENER: Um eine zukunftsfähige Kreislaufwirtschaft in der EU zu realisieren, müssen wir sicherstellen, dass die EU ambitionierte, aber realistische Ziele setzt und Maßnahmen ergreift. Dazu gehören die Förderung von Recycling und Wiederverwendung, die Schaffung eines klaren regulatorischen Rahmens, die Unterstützung von Forschung und Innovation sowie die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Bedeutung einer Kreislaufwirtschaft. Wir glauben, dass die EU eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung einer nachhaltigeren Zukunft für Europa spielt, und wir setzen uns dafür ein, diese Ziele zu unterstützen und voranzutreiben.