21.03.2024

EU-Verpackungsverordnung nimmt nächste Hürde

Die bevorstehende europäische Verpackungsverordnung (auch als Packaging and Packaging Waste Regulation / PPWR bekannt) hat den nächsten Schritt zur Umsetzung genommen. (Update März 2024)

PPWR Update

Der nun zwischen EU-Rat, EU-Parlament und EU-Kommission abgestimmte Vorschlag einer EU Verpackungsverordnung versteht sich als Revision der aktuell gültigen Verpackungsrichtline. Nach den erfolgten sog. EU-Trilog Verhandlungen fehlen als formale Schritte nun nur noch der Beschluss im Plenum des EU-Parlaments, sowie die Zustimmung der EU-Umweltminister.
Der Schritt von einer Richtlinie zu einer Verordnung würde mehr Verbindlichkeit bei der Umsetzung durch Mitgliedsstaaten und deren Wirtschaftsteilnehmer bedeuten und somit zu einer einheitlicheren Umsetzung führen. Die so erreichte europaweite Harmonisierung nationaler Gesetzgebung würde in weiterer Folge effizientere Abläufe im internen Markt für verpackte Güter und transparentere Rahmenbedingungen in Anwendungen, Umsetzung und Kommunikation rund ums Recycling bedeuten.

Durch die neuen Vorschriften strebt die EU an, den prognostizierten Trend des Anstiegs bei Verpackungsabfällen bis 2030 zu stoppen. Regulierungen zu wiederverwendbaren Verpackungsoptionen, Verbot unnötiger Verpackungen, der recyclingfähigen Gestaltung von Verpackungen und klare Recycling-Kennzeichnung sollen den Weg zur stärkeren Unabhängigkeit von Primärrohstoffen und zur Klimaneutralität der Verpackungsbranche bis 2050 bereiten.

Die wichtigsten Eckpunkte auf einen Blick – mit Update der voraussichtlichen Endversion

Reduktion von Verpackungsabfällen

Von Abfallvermeidungszielen über Maßnahmen zur Verpackungsreduktion bis hin zu Verboten bestimmter Verpackungsarten, umfasst der Vorschlag zahlreiche Punkte durch die der Verpackungsabfall auf das absolut notwendige Minimum zu reduzieren.

Darunter:

  • Zielwerte zur Reduktion von Verpackungsabfälle für EU-Mitgliedsstaaten (5 % bis 2030, 10 % bis 2035 und 15 % bis 2040, jeweils gegenüber 2018)
  • Das Gewicht und Volumen von Verpackungen sowie der „Leerraum“ sollen auf das nötige Minimum reduziert werden (Vermeidung von „Luftpackungen“), z.B. durch Abschaffung von doppelwandigen Verpackungen, Doppelböden oder unnötiger Verpackungsschichten. Für Sammel-, Transport- und E-Commerce-Verpackungen soll ab 2030 ein maximaler Leerraumanteil von 50% gelten.
  • Ab 2030 Verbot bestimmter Einweg-Kunststoff-Verpackungen, z.B. bei frischem Obst und Gemüse, bzw. von Einweg-Verpackungen im Hotel- und Gastronomie-Sektor sowie von Schrumpffolien für Sammelverpackungen im Handel.

Quotenziele für wiederverwendbare und wiederbefüllbare Verpackungen

Ab 2030 sieht die Verordnung verbindliche Quoten wiederverwendbarer Verpackungen vor, mit einer weiteren Quotensteigerung ab 2040.
Davon betroffen wären unter anderem folgende Produktkategorien (Ziele 2030):

  • 10 % für alkoholische Getränke, ausgenommen Wein, Weinprodukte und Spirituosen
  • 10 % für nicht-alkoholische Getränke, ausgenommen leicht verderbliche Getränke, Milch und Milchprodukte

Parallel dazu sollen Mehrweg-Transport-Verpackungen auch als Norm für den Onlinehandel und die industrielle und gewerbliche Logistik eingeführt, bzw. gesteigert werden: Ab 2030 gilt hier eine Mehrwegquote von 40 %; für Transporte zwischen Unternehmensstandorten innerhalb der EU sowie zwischen Unternehmen innerhalb eines Mitgliedsstaates sind generell Mehrwegverpackungen einzusetzen. Ausgenommen davon sind Kartonverpackungen.

Der Take-Away Sektor soll künftig erlauben von den Kund:innen selbst mitgebracht Verpackungen zu verwenden, bzw. auch von sich aus Mehrwegverpackungen anbieten (angestrebte Quote von 10 % bis 2030).
Auch der Handel soll ab einer Verkaufsfläche von 400m2 anstreben Nachfüllstationen auf 10 % der Fläche zu installieren.

Recyclingfähige Verpackungen

Als Teil der Nachhaltigkeitsanforderungen sieht das vorgeschlagene Paket vor, dass alle in den europäischen Markt eingebrachten Verpackungen recycelbar sein müssen. Darunter versteht die Kommission die Kompatibilität des Verpackungsdesigns mit den Systemen der getrennten Sammlung und Sortierung, das Recycling in großem Maßstab und die Verwendung von recycelten Materialien als Ersatz für Primärrohstoffe.

Ab 01.01.2030 sollen alle Verpackungen recyclingfähig gestaltet sein, und ab 2035 unter Anwendung etablierter Verfahren in vorgegebenem Mindestausmaß gesammelt, sortiert und recycelt werden. Die Definition der Kriterien, die die Recyclingfähigkeit bestimmen, sollen in einem kommenden Gesetzestext detailliert definiert werden.

Eine Bewertungsskala von A (Recyclingfähigkeit ≥ 95 %) bis C (Recyclingfähigkeit ≥ 70 %) soll etabliert werden. Liegen Verpackungen unter diesen Werten, so werden diese als nicht-recyclingfähig eingestuft und dürfen somit ab 2030 nicht mehr in den europäischen Markt eingebracht werden (Ausnahmen, bzw. Übergangsfristen sind vorgesehen). Verschärfungen der Grenzwerte für die Recyclingfähigkeit sind ab 2038 geplant.

Weiters sieht der Entwurf die Etablierung einer Ökomodulation vor, welche die Höhe der zu leistenden Lizenzentgelte (EPR-Gebühren) in Abhängigkeit zur Recyclingfähigkeit der in Verkehr gebrachten Verpackungen setzt. Dadurch sollen spürbare Anreize zur verbreiteten Nutzung von Circular Design gesetzt werden. Die diesbezüglichen Regeln einer Ökomodulation werden seitens Kommission in einem kommenden Gesetzestext veröffentlicht.

Mindestanteile an recyceltem Material in Kunststoff-Verpackungen

Ab 01.01.2030 sieht der Vorschlag vor, dass jede Verpackung mit Kunststoffanteil zu einem bestimmten Mindestprozentsatz aus Post-Consumer Rezyklat (PCR) hergestellt sein muss:

  • 30 % bei PET-Verpackungen mit Kontakt zu kontaktsensitivem Inhalt, z.B. Lebensmittel, Pharmaprodukte (ausgenommen Einweg-Kunststoff-Getränkeflaschen, s.u.)
  • 10 % bei Nicht-PET-Kunststoffverpackungen mit Kontakt zu kontaktsensitivem Inhalt (ausgenommen Einweg-Kunststoff-Getränkeflaschen, s.u.)
  • 30 % bei Einweg-Kunststoff-Getränkeflaschen
  • 35 % bei allen oben nicht angeführten Kunststoff-Verpackungen

Ab 01.01.2040 sollen die Quoten weiter gesteigert werden:

  • 50 % bei PET-Verpackungen mit Kontakt zu kontaktsensitivem Inhalt (ausgenommen Einweg-Kunststoff-Getränkeflaschen, s.u.)
  • 25 % bei Nicht-PET-Kunststoffverpackungen mit Kontakt zu kontaktsensitivem Inhalt (ausgenommen Einweg-Kunststoff-Getränkeflaschen, s.u.)
  • 65 % bei Einweg-Kunststoff-Getränkeflaschen
  • 65 % bei bei allen oben nicht angeführten Kunststoff-Verpackungen

Ausnahmen sind vorgesehen u.a. für Verpackungen pharmazeutischer Produkte, medizinischer Produkte, kompostierbare Verpackungen sowie für Verpackungen deren Kunststoffanteile weniger als 5 % ausmachen.

Ähnlich wie bei der Recyclingfähigkeit sieht der Verordnungsentwurf hier die Möglichkeit einer Einbeziehung der PCR-Quote in die Berechnung der Lizenzentgelte vor. D.h., je höher der Rezyklat-Anteil, desto niedriger die EPR-Gebühren. Die diesbezüglichen Regeln einer Ökomodulation werden seitens Kommission in einem kommenden Gesetzestext veröffentlicht.

Kennzeichnungspflichten

Mit einer einheitlichen Kennzeichnungspflicht soll der Entwurf der EU-Kommission dem länderspezifischen Fleckerlteppich aus Labeln und Auszeichnungen Einhalt gebieten. So sieht der Verordnungsvorschlag vor, dass auf allen Verpackungen Informationen zu eingesetztem Material, Wiederverwendbarkeit, sowie Anweisungen zur korrekten getrennten Sammlung angebracht werden sollen.

Genaue Kennzeichnungsvorgaben werden allerdings noch nicht vorgegeben. Diese sollen erst in den Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung erarbeitet werden: Die Kommission erlässt 18 Monate (1,5 Jahre) nach Inkrafttreten der Verordnung entsprechende Durchführungsrechtsakte, die verschiedenen Fristen für die vorgesehenen Kennzeichnungen beginnen 42 Monate (3,5 Jahre) nach Inkrafttreten der Verordnung.

Kompostierbare Verpackungen

Verpflichtung, dass Teebeutel und Filterkaffeepads (Kapselsysteme nicht betroffen), die üblicherweise zusammen mit dem gebrauchten Kaffee und Teeinhalt entsorgt werden, sowie an Obst und Gemüse angebrachten Klebeetiketten unter industriell kontrollierten Bedingungen in Bioabfallbehandlungsanlagen kompostierbar sind. Optional können Mitgliedstaaten auch voraussetzen, dass solche Verpackungen auch für die Kompostierung zu Hause geeignet sein müssen (36 Monate bzw. 3 Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung).

Wen betrifft die Verordnung?

Die größten Auswirkungen wird die Verordnung in ihrer aktuell vorliegenden Fassung auf Verpackungshersteller haben, die ihr Produktportfolio den neuen Vorgaben entsprechend zeitnah anpassen müssen

Auf Importeure und Händler kommen ebenfalls zahlreiche neue Verpflichtungen zu. So müssten diese dafür Sorge tragen, dass die von ihnen in Verkehr gebrachten Verpackungen allen Auflagen entsprechen, bzw. diese bei etwaigen Verstößen aus dem Verkehr ziehen.

Den Sammel- und Verwertungssystemen, wie der ARA, kommt die Aufgabe zu, Rezyklate in ausreichender Menge und angemessener Qualität zur Verfügung zu stellen, um die Vorgaben hinsichtlich PCR-Quoten überhaupt erfüllbar zu machen. Eine Herausforderung, der wir uns bei der ARA bereits jetzt, proaktiv stellen, etwas mit dem Bau von Österreichs größter und modernster Sortieranlage oder durch Incentivierungsmaßnahmen zur getrennten Sammlung von Verpackungen.

Wie geht es weiter?

In ihrer jetzigen Form wird die Verordnung in vielen Punkten sinnvolle Verbesserungen und Klarheiten mit sich bringen, zum Beispiel durch einheitliche Kennzeichnungen oder europaweit verbindliche Quotenregelungen, die Wettbewerbsverzerrungen vorbeugen. Gleichzeitig stellen die vorgeschlagenen Änderungen alle Stakeholder der Kreislaufwirtschaft vor einen nicht zu unterschätzenden Umsetzungsaufwand.

Die Trilogverhandlungen zwischen EU-Rat, EU-Kommission und EU-Parlament sind abgeschlossen, der abgestimmte Text wurde von der ständigen Vertretung der EU Mitgliedstaaten am 15.03 sowie vom Umweltausschuss des EU Parlaments am 19.03 bestätigt. Die weiteren vorgesehenen Schritte sind die Abstimmung im Plenum des EU Parlaments am 22.04 sowie der nachfolgende Beschluss der EU-Umweltminister im Umweltrat. Nach Veröffentlichung im EU Amtsblatt soll die Verordnung nach einer 18 monatigen Umsetzungsfrist angewandt werden.